Solidarische Landwirtschaft Stuttgart

SoLaWi – Ein Gegenentwurf zur derzeitigen Nahrungsmittelindustrie

Beim Betreten des Supermarktes erwartet uns zu jeder Tageszeit eine prall gefüllte Obst- und Gemüseabteilung, die uns das ganze Jahr über Zucchini, Blattsalat und Bananen bieten soll. Zum kleinen Preis, versteht sich. Tomaten und Erdbeeren im Dezember, Ananas zu Spottpreisen, Äpfel, die eine halbe Weltreise hinter sich haben und Biogurken in Plastik verschweißt. Wir ärgern uns über die vielen Lebensmittelskandale, die in immer kürzer werdenden Abständen über uns hinwegrollen, wissen aber nicht, wo unser Brot eigentlich herkommt. Müssen wirklich tonnenweise hochwertige Lebensmittel täglich im Müll landen, damit wir auch um 22 Uhr nicht vor leeren Regalen stehen? Die fehlende Wertschätzung unserer Lebensmittel ist mitunter verantwortlich dafür, dass immer weniger Menschen in der Landwirtschaft tätig sind. So arbeiten gerade einmal zwei Prozent der Bevölkerung in Deutschland dafür, dass wir alle eines unserer Grundbedürfnisse stillen können.

Angesichts dieser Fragen kann einen das Gefühl der Machtlosigkeit überkommen. Doch es gibt Hoffnung: immer mehr Menschen stellen sich diese Fragen. Und nur zusammen können wir zeigen, dass es anders gehen kann und muss.

Was bedeutet „solidarische Landwirtschaft“?

Als solidarische Landwirtschaft finanzieren wir nicht einzelne käufliche Produkte, sondern verantworten die gemeinschaftliche Produktion. Der Ernteertrag wird unter den Mitgliedern der solidarischen Landwirtschaft aufgeteilt. Dabei entsteht sowohl ein anderes Verhältnis zu den Lebensmitteln als auch eine solidarische Gemeinschaft innerhalb der Gemeinschaft und dem Hof.

Die SoLaWi Stuttgart

Wir sind eine Gruppe von Verbrauchern, die mit dem Reyerhof, einem Demeterhof in Möhringen, kooperiert, um Lebensmittel ökologisch, regional, saisonal, in Vielfalt und hoher Qualität zu produzieren. Der Reyerhof bewirtschaftet seine ca. 40 Hektar seit Jahrzehnten nach den Prinzipien des biologisch-dynamischen Landbaus und erwirtschaftet neben Gemüse und Getreide auch Fleisch, Milch und andere Milcherzeugnisse.

Im Zusammenschluss von Abnehmern und Produzent verknüpfen wir Angebot und Nachfrage direkt, indem wir mitbestimmen, was angebaut werden soll und was und wie wir essen. Durch eine regionale und saisonale Ernährung reduzieren wir den Energieverbrauch für Lagerung, Transport, etc. und nehmen Menschen in anderen Ländern nicht ihre Lebensgrundlage.

In der Initiative teilen wir Kosten, Ernte und Risiko solidarisch gemeinsam, die üblicherweise der Landwirt alleine trägt. Mit der von der Gemeinschaft gesicherten Abnahme und einer ertragsunabhängigen Finanzierung der landwirtschaftlichen Arbeit praktizieren wir Solidarität. So vermeiden wir Überproduktion und damit einhergehende Verschwendung von Lebensmitteln – die wir auch reduzieren, weil wir nicht-normgerechtes krummes, zu kleines oder zu großes Gemüse abnehmen. Gleichzeitig sind wir darum bemüht, die Sortenvielfalt zu erhalten und zu fördern.

Wichtig ist uns, einen direkten Kontakt zu unseren Lebensmitteln einzugehen und gemeinschaftlich aktiv für eine bewusstere Ernährung einzutreten. Teil des solidarischen Gedankens ist hierbei auch, allen Interessierten ungeachtet des finanziellen Hintergrundes zu ermöglichen, bei uns mitzumachen. Wir stehen im direkten Austausch mit dem Hof und entwickeln gemeinsam die Idee der solidarischen Landwirtschaft weiter. Bei den monatlichen Samstags-Hofeinsätzen und den wöchentlichen Afterwork-Hofeinsätzen unterstützen wir den Hof, gewinnen Einblicke in seine Arbeit und lernen uns in der Gruppe besser kennen.

Als lokal agierende Gemeinschaft wirken wir unabhängig von globalen Entwicklungen und Weltmarktzwängen auf die Qualität und Anbauweise unserer Nahrungsmittel ein. Wichtig sind uns dabei die Themen Verantwortung, Solidarität und Umweltschutz. Gemeinschaftlich aktiv wollen wir zukunftsfreundliche Wege einer verantwortungsbewussten Ernährung und solidarischen Wirtschaftens gehen.

Dabei grenzen wir uns bewusst von einer Bio-Kiste ab, indem wir solidarisch Risiko und Ertrag gemeinsam tragen und nicht gewinnorientiert wirtschaften. Als gleichberechtigte Kooperation aus Erzeuger und Verbraucher können wir aktiv darauf Einfluss nehmen, wie unsere Lebensmittel produziert werden und unter welchen Bedingungen die Leute arbeiten, die unsere Lebensmittel anbauen.

In unserer Gemeinschaft tauschen wir uns darüber hinaus über relevante aktuelle Themen aus. Die anstehenden Aufgaben bearbeiten engagierte Mitglieder und Arbeitsgruppen in regelmäßig stattfindenden Treffen. Hier klären wir Konzeptfragen, koordinieren Hofeinsätze und konkrete Ernteverteilung und erledigen die Mitgliederverwaltung. Darüber hinaus verstehen wir uns auch als Plattform für Aufklärung, Bildungsarbeit und ökologisches Engagement und möchten die Idee des solidarischen Wirtschaftens weiter verbreiten. Miteinander schaffen wir Bedingungen für eine Entwicklung unter solidarischen Aspekten. Wie nebenbei ergibt sich, dass wir durch die ständige Zusammenarbeit unseren kommunikativen Umgang miteinander weiterentwickeln.

Um auch in Zukunft weiter bestehen zu können und die anstehenden Aufgaben solidarisch auf möglichst vielen Schultern zu verteilen wünschen wir uns für die Entwicklung unserer Gemeinschaft Menschen mit Ideen, Gemeinsinn und vor allem auch Tatkraft!